Unsere wilden&schwierigen Schüler
Eigentlich kann man das Ganze recht einfach unter dem Begriff ‚artgerechte Menschenhaltung‚ absortieren.
Sie merken an obigem Begriff, der sich – bewußt – am Tierschutz orientiert, dass hier eine kleine Provokation kommt. Man muß halt das Große im Auge behalten und doch auch im Kleinen wirken.
Es fällt uns allen schwer, manch simple Dinge wahrzunehmen, wenn wir im Alltag des Kinder-Großziehens mit den immer gleichen Problemen konfrontiert werden. Im Spannungsfeld zwischen den Wünschen der Erwachsenen und dem Freiheitsdrang der Kinder sind Reibungen unausweichlich, und vieles dessen, was heute lautstarkt beklagt und dann von ärztlicher Seite mit einem Krankheitsbegriff versehen als behandelbar eingestuft wird ist im wahrsten Sinne ‚ein alter Hut‘ (s. Zeichnung aus dem 18 Jhd. – weiß nicht mehr, wo ich die aufgegabelt habe). die ‚wilden Jungs‘ gab es, seitdem wir sie vom Spielplatz in die Schule geholt haben, schon immer. Die Mittel, hier für Zucht und Ordnung zu sorgen, variierten im Laufe der Jahrhunderte – die Probleme blieben, oder verschärften sich gar. Der Gründe gibt es viele, sicher ist nur, dass unsere Kinder heute viel weniger Bewegung und sinnliche Erfahrung haben als vor zwei oder drei Generationen. In den Jahren, wo ihnen der Sinn nach Bewegung und Abenteuer steht werden sie in Schule und auch zu hause hingesetzt. Wie die Gans gemästet wird, so sollen sie – möglichst reibungslos und protestfrei – Wissen in sich aufnehmen.
Mein Herz schlägt für die ‚wilden‘ Kinder, die sich dem nicht einfach unterwerfen und zugegebenermaßen manche Eltern verzweifeln lassen. Aber wir sollten uns immer fragen, ob es denn die Kinder sind, die so falsch liegen, oder nicht eher wir überangepaßten Erwachsenen mit unseren falschen Prioritäten. Und wir sollten uns auch fragen, wie wir schon früh machen Weichen falsch gestellt haben. Dies kleine Beispiel hier auf dem Foto zeigt eine Situation, die wir praktisch täglich in der Praxis erleben: schon ganz kleine Kinder bekommen alle mögliche Elektronik in die Hände gedrückt „damit er ruhig bleibt“ ist dann nicht selten das Argument, wenn wir unsere Kritik vorsichtig äußern. Wieviel Druck baut sich auf in so einem kleinen Kopf, wenn er stundenlang vor der Glotze ruhiggestellt wird, wenn der Vater nach all den 40-50 Stunden Wochenarbeit ‚keine Zeit hat‘, mit seinen Kindern mal schwimmen oder laufen zu gehen.
All das wissen wir alle miteinander. ‚G’sagt isch’s schnell‚ – lautet der Kommentar in meiner schwäbischen Heimat. Ändern muß man es halt – schon schwieriger. Es fängt an mit der oben erwähnten ‚artgerechten‘ und altersadaptierten Umwelt für den Nachwuchs. Und da ist durchaus ein Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen der Erwachsenen und denen der Kinder. Nicht alles, was für uns Große bequem und naheliegend ist wird den Kindern gerecht werden. Nicht alles, wonach uns der Sinn steht, ist auch gut für uns – ganz zu schweigen von unseren Kindern.
Was kann man an einem Smartphone, an einem Tablet schon ‚be-greifen‘???
Nichts, nix, nada, niente!
Deshalb haben Computer auch in der Grundschule nichts zu suchen, zumindest nicht in den Händen der Kinder.
Aber das spricht sich ja so langsam rum und wenn man solchen Gedanken nachgeht könnte man ja die Hände in den Schoß legen und einfach abwarten, bis solches Allgemeingut geworden ist.
Kleines Problem dabei: hier&heute stehen wir in der Pflicht, Heranwachsenden zu helfen, mit dieser unserer Gesellschaft und ihren Zwängen irgendwie zurechtzukommen; da kann man sich natürlich auf den Standpunkt zurückziehen „In dieser Gesellschaft müssen die Kinder krank an Leib und Seele werden durch unsere ver-pisa-te Schule“ (der Begriff erinnert doch von Ferne etwas an Urologisches, oder ;-).